Aufwertungsmassnahmen im Strassenraum
Die Stadt Bern nutzt den Ausbau der klimafreundlichen Fernwärme und die Sanierung der Werkleitungen durch Energie Wasser Bern, um in den entsprechenden Gebieten die Strassenräume aufzuwerten. In über 50 Strassen ist eine breite Palette von Massnahmen geplant. Sie werden das Stadtklima und die Aufenthaltsqualität verbessern, die Verkehrssicherheit erhöhen, Hindernisse im öffentlichen Raum reduzieren und die Lärmbelastung senken.
Gut 15 Jahre Bauzeit, über 50 Kilometer neue Fernwärmeleitungen, bis zu 20'000 neu ans Fernwärmenetz angeschlossene Wohnungen, dazu die Sanierung von zig Kilometern alter Wasser-, Strom- und Gasleitungen: Der Ausbau der klimafreundlichen Wärmeversorgung in Bümpliz und Bethlehem, in der Länggasse, im Rossfeld, in Holligen und am Eigerplatz ist das seit mehreren Jahrzehnten grösste Bauprojekt in der Stadt. Da liegt es auf der Hand, dass die Stadt ihre eigenen Infrastrukturprojekte mit Energie Wasser Bern koordiniert, um die Strassen möglichst nur einmal aufzureissen und damit die Belastung der Bevölkerung zu begrenzen. Synergien gibt’s einige. Zum Beispiel bei der Sanierung der Siedlungsentwässerung – des Leitungsnetzes, das Abwasser und Regenwasser abtransportiert. Vor allem aber bei der Aufwertung der Strassenräume: Sie sollen fit gemacht werden für die Herausforderungen des Klimawandels. Dazu kommen Massnahmen für Verkehrssicherheit, Barrierefreiheit und Lärmschutz.
Die Berner Stimmbevölkerung hat im Juni 2023 für die Aufwertung der Strassenräume einem Kredit von rund 48 Millionen Franken zugestimmt. Seither arbeiten mehrere Planerteams unter Leitung des städtischen Tiefbauamts mit Hochdruck daran, im Gebiet des Fernwärmeausbaus über 50 Strassen umzugestalten. Dabei fliessen auch die Anliegen der Quartierbevölkerung ein. Die Stadt hat sie zuvor in Dialogveranstaltungen abgeholt. Ob Veloabstellplätze, Brunnen, Bäume, Sitzgelegenheiten, Spielzonen, sicherere Trottoirs: Die Projektverantwortlichen stehen vor der Herausforderung, die vielfältigen Anliegen mit den Platzverhältnissen über und unter dem Boden und den zur Verfügung stehenden Mitteln unter einen Hut zu bringen. Anfang 2025 sollen die ersten Baugesuche aufliegen. Das hohe Planungstempo zielt darauf ab, die Aufwertungsmassnahmen möglichst gleichzeitig mit den bereits laufenden Bauarbeiten für den Fernwärmeausbau realisieren zu können.
Verbesserung von Stadtklima und Aufenthaltsqualität
Entfernung des Asphalts auf Strassen und Parkplätzen (Entsiegelung), Begrünungen. Pflanzen von Schatten spendenden Bäumen. Brunnen und Sitzgelegenheiten. Begegnungs- und Spielzonen.
Optimierung der Verkehrssicherheit
Verbreiterung und Ergänzung von Trottoirs. Verkürzte Strassenquerungen. Markierung von Velostreifen. Optimierung der Verkehrsphasen bei Ampeln.
Öffentlicher Raum ohne Hindernisse
Niedrige Randsteine bei Strassenquerungen, Platz zum Manövrieren mit Rollstühlen, Rollatoren oder Kinderwagen. Taktil-visuelle Anpassungen für Menschen mit Sehbehinderung.
Leisere und umweltfreundlichere Strassen
Einsatz von lärmarmen Belagsmaterialien und von Recyclingprodukten. Überprüfung und Erneuerung bestehender Belagsflächen.
Das Tiefbauamt ist für Strassen, Plätze und Brücken zuständig, also für den sogenannten Grauraum. Warum kümmert es sich plötzlich auch um Begrünungen?
Zum einen weil das politisch geboten ist: Wenn wir bei einem Infrastrukturprojekt keine griffigen Massnahmen zum Klimaschutz oder zur Klimaanpassung vorsehen, fällt das Geschäft schon im Gemeinderat durch. Allerdings hat dieser starke Fokus aufs Klima nicht einfach mit den politischen Verhältnissen in der Stadt Bern zu tun, sondern mit der realen Bedrohung: Der Klimawandel ist längst Realität, es ist auch in Bern deutlich wärmer geworden. Wo der Boden grossflächig versiegelt ist, bilden sich regelrechte Hitzeinseln.
Und zum anderen?
Zum anderen ist es schlicht unser Job. Wir haben dafür zu sorgen, dass man in der Stadt leben, arbeiten, schlafen kann – auch in 30, 50 und 80 Jahren. Also müssen wir die Infrastruktur klimafit machen, müssen entsiegeln, begrünen, beschatten, belüften, bewässern – im Perimeter des Fernwärmeausbaus ebenso wie im «Breitsch» oder in der Altstadt.
Apropos Altstadt: Sind Klimamassnahmen im Bereich des UNESCO-Weltkulturerbes überhaupt möglich?
Es braucht halt Kompromisse: Wenn maximale Klimaansprüche auf maximale Forderungen der Denkmalpflege treffen, kommt man nicht weiter. Man muss sich bewegen. Beim Projekt zur Umgestaltung des Bären-/Waisenhausplatzes, über das die Stadtberner Stimmbevölkerung wohl im nächsten Frühling entscheidet, haben wir uns bewegt: Die Anliegen der Klimaverträglichkeit sind ebenso eingeflossen wie jene der Denkmalpflege: Der Platz wird nach der Umgestaltung kühler sein, cooler aussehen – und immer noch ins Stadtbild passen!